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31.01.2021 Kategorie: MartinChemnitz

Wie die Sonne in ihrer Kraft

Eine Predigt zum letzten Sonntag nach Epiphanias

Manchmal ist es, als ob Gott selbst die Predigt illustriert. So geschehen heute Morgen.
Alles war weiß und die Sonne leuchtete in ihrer ganzen Pracht.

Wenn es schneit.
Nicht nur ein bisschen, sondern richtig viel... dann legt sich der Schnee wie eine weiße Decke über das Land.
Ob der Garten aufgeräumt ist, ob da Müll liegt, spielt alles keine Rolle mehr. Denn es ist nur noch weiß.

Das Weiß ist besser als Grau in Grau und die Nacht auch weniger dunkel. Mit dem Glitzern des Mondlichts. Wenn dann am Morgen die Sonne scheint, tut es fast weh in den Augen, so hell ist es.

Und nach sechs Tagen nahm Jesus mit sich Petrus, Jakobus und Johannes, und führte sie allein auf einen hohen Berg. Und er wurde vor ihnen verwandelt, und sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden weiß wie das Licht.

Weiß, die Kleider der Gerechten in den Himmeln. Auch derer, die durch die Jahrhunderte um ihres Glaubens Willen hingerichtet wurden.

In der letzten Woche ist Einiges gewesen.
Am 27. Januar der Gedenktag an den Holocaust. Rückblick auf die Befreiung des Konzentrationslagers Ausschwitz vor 76 Jahren. Ein paar Überlebende gibt es noch, aber es werden immer weniger.
Noch einmal im Fernsehen zum Gedenken diese Bilder, die mich schon als Kind schockiert haben. Und die von einem ganz anderen Weiß erzählen.

Die Kriegswinter waren harte Winter. Millionen Menschen versanken in eisigen Gräbern. Schnee von Blut getränkt... ein unheiliges Weiß. Und weiß schimmerten auch die ausgezehrten Leiber, gestapelt zu Leichenbergen. Gruselig.

Und auch das tut weh in den Augen - So sehr, dass man nicht hinsehen möchte - es tut weh im Herzen,
wozu Menschen in ihrer Verblendung fähig sind.

In diese Welt steigt hinab, aus dem weißen Licht der Herrlichkeit Gottes, der Einziggeborene vom Vater.
Für uns und zu unserem Heil ist er vom Himmel gekommen, hat Fleisch angenommen durch den Heiligen Geist und ist Mensch geworden.
Und siehe, eine Stimme aus der Wolke sprach: Dies ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören!

Aber sie haben ihn nicht gehört. Sonst hätte es die Leichenberge nie gegeben.

Kurz vor der Szene auf dem Berg waren alle noch auf dem Weg nach Jerusalem gewesen.
Jesus hatte wieder von dem gesprochen, was ihn in Jerusalem erwarten würde.
Er wusste, hinter den Hügeln wartet das finstere Tal des Todesschattens.
Doch vor jenem Tal schenkt Gott ihm den Berg der Verklärung.
Dorthin nahm er seine engsten Vertrauten mit.

Und dort oben, mit Jesus, machten auch Petrus, Jakobus und Johannes eine ekstatische und unvergessliche Erfahrung.
Sie sahen Licht, sie hörten die Stimme.
„Einen leuchtenden Moment lang ist alles hell.“
Alles um sich herum vergessen.
Die Welt da unten mit dem Leid. Den Kranken, Hungernden und Sterbenden.

Aus der Vergangenheit erscheinen Mose und Elia. Sie sind Vorläufer Jesu. Und es wird ein Gipfeltreffen der besonderen Art.
Mose und Elia sind beide nicht normal gestorben. Von Mose heißt es, dass Gott selbst ihn begraben hat und sein Grab nicht gefunden wurde. Und Elia ist gar nicht gestorben, sondern in den Himmel entrückt worden.

Petrus, Johannes und Jakobus waren in der Herrlichkeit Gottes und dort wollten sie nie wieder weg.
Petrus aber sprach zu Jesus: Herr, hier ist gut sein! Willst du, so will ich hier drei Hütten bauen, dir eine, Mose eine und Elia eine. Er wusste aber nicht, was er sagte, sondern redete, wie in Trance.

Über diese Szene aus dem Evangelium schreibt einer, der an diesem Wochenende 100 geworden wäre: der bekannte Schweizer Theologe und Dichter Kurt Marti.
Er kannte sich aus mit schneebedeckten Bergen und so schreibt er:

Schnee seiner Herrlichkeit
Schnee seines Lichts
Blenden im Glanze des innern Gesichts
spurlos nahen Moses Elia
und glühen verglühen ins Nichts
Schnee seiner Herrlichkeit
Schnee seines Lichts
doch er mahnt zum Abstieg
ins Tal der Kämpfe und des Verzichts

Man muss wieder hinunter, oder?

Hinabgestiegen. Vom Himmel auf die Erde. Hinabgestiegen, vom Berg der Verklärung. Hinabgestiegen, in das Reich des Todes.
Doch der Weg hinunter ist der Weg hinauf.

Was liegt vor uns in 2021?
Welche Täler müssen wir noch durchwandern?
Auf welche Berge nimmt Gott uns mit?
Nichts lässt sich festhalten, nichts umgehen.
Nur eines ist sicher: Die Stimme Jesu im Inneren, die sagt: Steht auf, fürchtet euch nicht!
Ob es hinauf geht oder hinunter. Siehe, ich bin bei euch alle Tage, bis ans Ende der Welt.

Beitrag von Pfn. Sandra König